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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.11.2005
Aktenzeichen: 10 U 84/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 287 | |
ZPO § 313 a I 1 | |
ZPO § 540 II | |
BGB § 1922 |
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. April 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe: I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 II, 313 a I 1 ZPO abgesehen. II. Die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts Detmold ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Die durch Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Detmold vom 18.03.2002 und vom 15.01.2003 zur Geschäftnummer 9 O 1/99 titulierten Kostenerstattungsforderungen der Beklagten sind infolge der Aufrechnung der vormaligen Klägerin mit deren Erstattungsansprüchen für Lebensmittelversorgungskosten im Zeitraum September 1998 bis (einschließlich) Mai 2003 erloschen (§ 389 BGB). Das Landgericht hat deshalb zu Recht die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus diesen Kostenfestsetzungsbescheiden ausgesprochen (§§ 767, 795, 794 Zif. 2 ZPO). Über den zur Aufrechnung gegen die titulierten Kostenerstattungsansprüche von 6.966,24 € und von 5.358,05 € nebst Zinsen verwendeten Teilbetrag hinaus steht den Erben der vormaligen Klägerin gemäß § 7 des notariellen Vertrages vom 26.09.1994 (UR-Nr. 292/94 des Notars von P in E) i.V.m. § 1922 BGB auch der geltend gemachte Zahlungsbetrag von 4.200,- € für den genannten Zeitraum zu. Der (teilweise zur Aufrechnung verbrauchte) Zahlungsanspruch der Erblasserin M T in einer Gesamthöhe von 17.100,- € folgt nach Auffassung des Senates für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.09.1998 - 31.05.2003 schon unmittelbar aus der Regelung in § 7 Abs. II des genannten Notarvertrages, wonach die Beklagten "die Kosten für die Beschaffung der Lebensmittel tragen" sollten. Insoweit rechtfertigt bereits die unstreitige Nichtversorgung der Erblasserin durch die Beklagten im Zeitraum September 1998 - Mai 2003 mit Getränken, Lebensmitteln und warmen Mahlzeiten einen Zahlungsanspruch von jedenfalls 17.100 €, ohne dass es auf die zwischen den Parteien strittigen tatsächlichen und rechtlichen Fragen ankommt, ob bezüglich der Pflegeverpflichtung aus § 7 des genannten Vertrages ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vorlag oder Gewährleistungsregelungen eingreifen. Die Beklagten und die Erblasserin hatten anlässlich der Geldschenkung und des Grundstückskaufvertrages vom 26.09.1994 unter dessen § 7 den Umfang der Verpflichtungen zur Pflege, Betreuung und Lebensmittelversorgung zugunsten der vormaligen Klägerin geregelt. Danach traf die Beklagten u.a. die Verpflichtung, die Erblasserin in deren Wohnung auf Lebenszeit "vollständig und entgeltlich zu pflegen und zu betreuen bzw. sie pflegen und betreuen zu lassen" (§ 7 Abs. I des Vertrages zur UR-Nr. 292/94). Teil dieser Verpflichtung sollte nach der in diesem Zusammenhang angeführten beispielhaften Aufzählung "das Zubereiten des Essens" sein. Hinsichtlich der für die Versorgung mit Lebensmitteln und Getränken anfallenden Ausgaben enthält der notarielle Vertrag in § 7 Abs. II eine ausdrückliche Regelung, wonach die Kosten für die Beschaffung der Lebensmittel die Beklagten tragen. Diese von der Pflege- und Betreuungsregelung abgesetzte Kostentragungsregelung ermöglichte der Pflegeberechtigten erkennbar, diejenigen Kosten, die für die Beschaffung ihrer Lebensmittel anfielen, in angemessenem Umfang unmittelbar und ohne besondere weitere Voraussetzungen von den beschenkten Eheleuten erstattet verlangen zu können. Der Vertrag, der eine Versorgung der alten Dame in deren Wohnung "bei Bedarf" absichern sollte, bietet keinen Anhalt dafür, dass die so Berechtigte gehalten war, sich die Lebensmittel und Getränke fortan unter Ausschluss eigenen Ankaufes in natura von den Verpflichteten beschaffen zu lassen. Ihr blieb es vielmehr freigestellt, sich die Lebensmittel und Getränke zu einem angemessenen Kostenaufwand selbst zu besorgen und diese Kosten dann von den Beklagten ersetzt zu verlangen. In Übereinstimmung mit dieser Auslegung des Vertrages macht letztlich auch die Berufung der Beklagten selbst geltend, es sei keineswegs unter allen Umständen eine persönliche Leistung ihrerseits zur Bedarfsdeckung vorgesehen gewesen, sondern jedenfalls auch die Einschaltung dritter Leistungserbringer ins Auge gefasst worden. Soweit die Berufung weiter darauf abstellen möchte, es sei an eine Mitversorgung der Erblasserin im Zuge der Familieneinkäufe und - mahlzeiten der Beklagten gedacht gewesen, hat diese Planung jedenfalls nicht dergestalt in die Vertragsregelung Eingang gefunden, dass eine Verpflichtung der betreuungsberechtigten Erblasserin zur ausschließlichen Lebensmittelversorgung durch die Beklagten begründet worden wäre. Vertraglich geregelt wurde hinsichtlich der Lebensmittelbeschaffung lediglich die Kostentragungsverpflichtung der Beklagten,- nicht aber eine diesbezügliche Abnahmeverpflichtung der Pflegeberechtigten. Sieht mithin der Vertrag in § 7 Abs. 2 eine unmittelbare Kostentragungsregelung für die Lebensmittelbeschaffung vor, konnte die Erblasserin auf dieser Grundlage von den Beklagten jedenfalls 300 € monatlich als Erstattung der ihr angefallenen Kosten beanspruchen. Dass in dem genannten Zeitraum jedenfalls in dieser Höhe Kosten für die Beschaffung von Lebensmitteln und Getränken für die Berechtigte entstanden sind, ist unstreitig. So hatte die Klageschrift unwidersprochen vorgetragen, der monatliche Mindestbedarf der (vormaligen) Klägerin an Versorgungsleistungen sei der "Aufstellung des Betreuers N vom 16.12.2002" - übernommen auf Seite 7 der Klageschrift - zu entnehmen, die "die unterste Grenze des Lebenshaltungskostenmindestbedarfes" darstelle. Aus der genannten Aufstellung ergibt sich folgender unstreitiger Kostenaufwand der Berechtigten pro Monat : 1 Essen auf Rädern von "Pari sozial" tägl.|126,23 € Getränke : 1 Liter Mineralwasser täglich, 1/2 Liter Hohes C - Orangensaft täglich und 2 Fl. Spirituosen pro Monat|25,85 € |17,59 € |12,00 € Diverse Frischnahrungsmittel wie aufgeführt|121,07 € 1 Joghurt pro Tag|13,99 € SUMME pro Monat|316,73 € Hatte die vormalige Klägerin unbestritten für die genannte Versorgung mit Lebensmitteln und Getränken monatlich Kosten von 316,73 € aufgewandt, können ihre Erben die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Beträge von 300 € je Monat aus § 7 Abs. 2 des Vertrages vom 26.09.1994 als jedenfalls angemessenen Kostenaufwand ersetzt verlangen.
Dass es sich insoweit um angemessene Lebenshaltungskosten einer alten Dame für Speisen und Getränke handelt, haben die Beklagten letztlich nicht in Abrede gestellt. Ihrem Berufungsvorbringen, "bei einer Eigenversorgung der Klägerin durch die Beklagten wären die Lebensmittel nicht in derartigem Umfang ins Gewicht gefallen, wie bei einer Fremdversorgung", ist gerade nicht der Vortrag zu entnehmen, die streitgegenständlichen Kosten von 300 € monatlich seien für die in eigener Regie veranlasste Lebensmittel- und Getränkeversorgung einer über 80-jährigen Person, die in einer eigenen Wohnung lebt, unangemessen hoch.
Im übrigen ist der Senat im Wege der Anspruchsschätzung nach § 287 ZPO davon überzeugt, dass jedenfalls 300 € monatliche Ernährungskosten für eine alte Dame erforderlich und angemessen waren. Die in der obigen Aufstellung enthaltenen Mengen und Preisansätze erscheinen nach den Erfahrungen des Senates aus anderen Versorgungsstreitigkeiten keineswegs übersetzt. Ein Kostenaufwand von 300 € monatlich übersteigt insbesondere nicht denjenigen Lebensmittelbedarfsbetrag, der im Rahmen des angemessenen Eigenbedarfs gegenüber unterhaltsberechtigten erwachsenen Verwandten im fraglichen Zeitraum Berücksichtigung gefunden hätte.
Nachdem die Klageforderung im Zinsanspruch auf die Rechtshängigkeitszinsen reduziert worden ist, bleibt der Berufung der Beklagten der Erfolg versagt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Zif. 10, 713 ZPO; § 26 Zif. 8 EGZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 ZPO).
Ende der Entscheidung
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